[vc_row css_animation=““ row_type=“row“ use_row_as_full_screen_section=“no“ type=“full_width“ angled_section=“no“ text_align=“left“ background_image_as_pattern=“without_pattern“][vc_column][vc_column_text]Mein Vater war Journalist, Filmproduzent, Schriftsteller, Liedertexter und so weiter. Ganz ab und zu tauchte der große Durchbruch am Horizont auf, entschloss sich aber dann doch, woanders hinzugehen.
Meine Mutter war hübsch, charmant und schwierig. Dass wir trotz allem meistens Miete und Lebensmittel aufbringen konnten, verdankte unsere kleine Familie oft nur ihrer Tüchtigkeit. Sie arbeitete in großen Hamburger Modehäusern als erste Verkäuferin. Kleider waren unendlich wichtig für sie. Sie konnte tagelang hungern, um sich einen bestimmten Fummel zu kaufen. Wenn ich sie in den Jahren vor ihrem Tod im Heim besuchte, achtete ich streng darauf, von oben bis unten gestylt zu sein und vor allem ein Kleid oder einen Rock zu tragen, bloß keine Hosen …
Geboren wurde ich an der Ostsee, in Grömitz, aufgewachsen bin ich in Hamburg und teilweise in Schleswig-Holstein.
Da ich an das vergebliche Hoffen auf den großen Durchbruch in einem völlig unsicheren Beruf gewöhnt war, steuerte ich in aller Seelenruhe dieselbe Laufbahn an.
Ich hatte nur mehr Glück.
Volontiert hab ich bei einer Fernsehzeitschrift im Jahreszeiten-Verlag.
Hinterher einige Monate in London verbracht – eigentlich in der Absicht, von dort Artikel für Hamburger Redaktionen zu schreiben. Das funktionierte nicht sehr gut. Um am Leben zu bleiben spülte ich außerdem in einem indischen Restaurant Geschirr und verkaufte Eis auf dem Trafalgar Square.
Zurück in Hamburg fand ich zu meiner Überraschung keineswegs sofort einen guten Job in einer Redaktion.
Also arbeitete ich erst mal als Schuhverkäuferin (in der Herrenabteilung), bediente in Nachtschicht mehrere Fernschreiber und machte eine Woche lang die Buchhaltung für eine aufstrebende Getränkefirma. Der Chef entdeckte rechtzeitig, was ich da anrichtete, lud mich zum Essen ein und riet mir ganz nett, doch lieber in einem kreativen Beruf zu arbeiten.
Das nahm ich mir zu Herzen. Ich schrieb Kurzgeschichten für Zeitschriften, Gruselgeschichten für den NDR und Märchen, um meine Eltern aufzuheitern.
Und weil ich offenbar die Gabe habe, im richtigen Moment auf die richtigen Menschen zu treffen, die Jemanden kennen, der Jemanden kennt, arbeitete ich bald auch wieder journalistisch.
Dabei stellte ich fest, dass ich krank wurde, sobald ich täglich in Redaktionen sitzen musste. Es war der Zwang, der mir zusetzte.
Vermutlich deshalb hatte ich auch mindestens ein Drittel meiner Schulzeit durch Krankheit verpasst. Ich kann großartig arbeiten, solange es freiwillig geschieht. Unter Druck streiken meine Körperzellen.
Nahezu gleichzeitig mit dem Entschluss, lieber als freie Journalistin zu arbeiten, heiratete ich einen Jurastudenten, der innerhalb ziemlich kurzer Zeit zu einem höchst erfolgreichen Anwalt wurde.
1979 kam unser Sohn Arne zur Welt, sehr zum Ärger meiner Mutter, die sich ausdrücklich eine Enkeltochter gewünscht hatte. (Mädchen kann man hübscher anziehen.)
Mehr als zehn Jahre lang machte ich die erstaunliche Erfahrung, dass man immer noch mehr bekommt, wenn man sowieso schon viel hat.
In dieser Zeit arbeitete ich für COSMOPOLITAN und den STERN, JOURNAL FÜR DIE FRAU und die FÜR SIE und ich erhielt beachtliche Honorare. Mitte der 70er bis Mitte der 80er war wohl eine Zeit, in der Zeitschriftenredaktionen es sich leisten konnten, großzügig zu sein.
Ich flog nach München und Berlin und London und Paris und Stockholm, durfte ganz selbstverständlich in erstklassigen Hotels übernachten und sprach mit Personen wie Petra Kelly – damals noch im Bundestag in Bonn – Astrid Lindgren oder Cynthia, der ersten Frau von John Lennon, deren Sohn Julian damals gerade mit einem Lied in den Hitparaden auftauchte.
Mein Mann und ich kauften uns ein Haus mit eigenem Strand am Lake Huron in Kanada und flogen jeden Sommer dorthin.
Ich führte zweifellos genau das, was man ein ‚interessantes Leben‘ nennt, aber ich kam mir manchmal vor wie die leibhaftige Daisy Buchanan aus dem Großen Gatsby – ein bisschen unwirklich …
Mein Mann kannte aus Studententagen den Ohnsorg-Schauspieler Jürgen Pooch; die beiden hatten zusammen in einer Kneipe gejobbt. Jürgen war der Ansicht, ich könnte ein Theaterstück schreiben. Er wollte es gern ins Plattdeutsche übersetzen. In meinem letzten Sommer am Lake Huron schrieb ich also einen Vier-Akter, völlig aus Versehen: Niemand hatte mir erzählt, dass eine normale Boulevard-Komödie aus drei Akten besteht.
Jürgen machte das Stück platt und übergab es dem Intendanten, Walter Ruppel. Und dem gefiel es gut genug, um es einzuplanen.
Einige Monate später begegnete mein Mann der Frau seines Lebens.
Da sie bald darauf auch schon schwanger wurde, trennten wir uns und ich landete mit einem Plumps in der Realität.
Glücklicherweise wurde in der Spielzeit 1988/89 mein Stück am Ohnsorg-Theater aufgeführt. Glücklicherweise spielte ausgerechnet Heidi Kabel die Hauptrolle, was angenehme Zuschauerzahlen versprach. Glücklicherweise kam das Stück ins Fernsehen. Diese Honorare waren für meinen Sohn und mich die Rettung.
Darüber hinaus konnte ich uns ganz gut über Wasser halten durch das Texten von Katalog-Seiten und Kurzkrimis für Illustrierte.
Als Arne 13 war hatten wir beide gleichzeitig keine Lust mehr, in der Stadt zu leben. Wir zogen nach Schleswig-Holstein, wo wir uns bedeutend wohler fühlten.
Drei Jahre später, 1996, heiratete ich zum zweiten Mal, einen großartigen, sehr gescheiten Mann, Logistiker und Administrator und nebenbei Krimiautor. Wir verbrachten mehr als zwanzig sehr glückliche Jahre zusammen, und währenddessen schrieb ich meine Romane von der ‚Rosa Hälfte des Himmels‘ bis zum ‚Mittwochszimmer‘.
2014 starb meine Mutter, und obwohl ich keinen direkten Zusammenhang mit anderen Ereignissen sehen kann, änderte sich auf einmal, erst langsam und dann immer schneller, eine Menge.
Zum Beispiel in meinem Hausverlag, Langen Müller, bei dem alle meine Bücher erschienen waren. Der zog nach Stuttgart, andere Gesichter saßen hinter den Schreibtischen. Der letzte Roman, den ich geschrieben hatte, wurde nicht mehr verlegt. Ich stand plötzlich, nach beinah 20 Jahren, ohne Verlag da.
Ungefähr gleichzeitig trennte ich mich, gottseidank ganz im Guten, von meinem Mann. Wir sind enge Freunde geblieben und das freut mich außerordentlich.
Aber ich stand, nachdem alles so geordnet und sortiert schien, als ich geglaubt hatte, ich sei bereits zufrieden in der Endstation angekommen, plötzlich wieder auf Anfang.
Ich musste zusehen, wovon ich lebte, ich suchte mir eine nette kleine Wohnung. Ich fand neue Freunde – ich verlor einige alte.
Neben allem konzentrierte ich mich sehr auf meinen Blog, Dagmarday.com. Irgendwie ein Fels in der neuerdings so heftigen Brandung meines Lebens.
Eines Tages hatte mein Sohn mich gefragt, ob ich nicht einen Blog schreiben wollte. Er würde ihn einrichten, ich sollte einfach die Texte liefern.
„Wie oft?“
„So oft du kannst. So oft du möchtest. Wöchentlich oder täglich.“
„Über was denn?“
„Egal. Über alles, was dir einfällt.“
Am 2. August 2016 schrieb ich meinen ersten Blog-Text und seitdem nahezu täglich einen neuen. Manchmal ziemlich ausführlich und sorgfältig recherchiert. Manchmal nur kurz, Haikus gewissermaßen.
Über alles, was mir einfällt. Über Sachen, die an einem bestimmten Datum passiert sind. Über meinen Teddybär Ernst. Über mich selber. Deshalb weiß, wer meinen Blog gelesen hat, auch, wieso ich schon wieder verheiratet bin …[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row css_animation=““ row_type=“row“ use_row_as_full_screen_section=“no“ type=“full_width“ angled_section=“no“ text_align=“left“ background_image_as_pattern=“without_pattern“][vc_column][vc_empty_space height=“50px“][/vc_column][/vc_row]